Hochschule Merseburg

Interview: Mit 3D-Druck reparieren und nachhaltig sein?

Von Claudia Aldinger | 01. Januar 2017

Fahrradrahmen aus Titan, Essen aus natürlichen Zutaten und ganze Hausteile sind inzwischen mit 3D-Druckern herstellbar. Bei den Fortschritten dieser Technologie dürfen die (all-) täglichen Anwendungsmöglichkeiten nicht vergessen werden. So könnten 3D-Drucker jedem helfen, der zum Beispiel ein Ersatzteil für ein defektes Haushaltsgerät braucht und dies nicht wegwerfen möchte. Darüber haben wir mit Dietmar Glatz gesprochen, der das Thema 3D-Druck seit langem unter anderem für die Hochschule Merseburg verfolgt.

 

Herr Glatz, angenommen, mir fehlt nur eine spezielle Schraube, um meinen alten Fön zu reparieren. Ist der 3D-Druck meine Rettung?

Grundsätzlich ist heutzutage jedes Kunststoffteil nachbau- bzw. nachdruckbar. Wie aufwendig es wird, hängt immer mit der Beschaffenheit des Teils zusammen. Kann man es 3D-scannen oder muss man es mit Hilfe eines Konstruktionsprogramms nachbauen? Brauchen Sie eine genaue, glatte Oberfläche oder sind die Ansprüche geringer?

 

Wer kann mir denn dabei weiterhelfen?

Es gibt inzwischen in nahezu jeder größeren Stadt und jeder Region AnbieterInnen für 3D-Print oder FabLabs – so genannte Fabrikationslabore, die Sie meistens für einen kleinen monatlichen Beitrag für die Herstellung Ihrer Ideen nutzen können.

 

Woher bekomme ich das Material für mein Ersatzteil aus dem 3D-Drucker?

Das können Sie bei verschiedenen InternetanbieterInnen inzwischen ziemlich problemlos bestellen oder Sie nutzen die Dienstleistung des 3D-Druck-Anbietenden.

 

Nachhaltigkeit ist politische und gesellschaftlich ein wichtiges Thema geworden. Welche Rolle könnte dabei die (neue) 3D-Druck-Technologie spielen?

Wir hatten hier an der Hochschule Merseburg die erste 3D-Druck-Anlage ihrer Dimension in Europa. 1999 habe ich in einem Aufsatz darüber geschrieben, dass man Ersatzteile in Zukunft individuell im Internet bestellen kann und HerstellerInnen diese nicht mehr zehn Jahre vorhalten müssen, um sie dann möglicherweise wegzuwerfen. Also, ich denke, dass der 3D-Druck ganz erheblich zu einem nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen beitragen kann.

 

Hat die 3D-Druck-Anlage Ihrer Hochschule auch schon mal ein Haushaltsgerät mit Hilfe eines Ersatzteils gerettet?

Ein Haushaltsgerät nicht, aber zum Beispiel einen Briefkasten, für den eine Kunststofffeder verloren gegangen war und deren Rekonstruktion sich aufwendig darstellte. Generell stellen wir die Anlage eher in den Dienst von Fragen oder Entwicklungen, die sich für freie 3D-Drucker-DienstleisterInnen nicht rechnen.

spc

Informationen und Kontakt

Dipl.-Ing. Dietmar Glatz ist Leiter des Rapid-Prototyping-Zentrums an der Hochschule Merseburg und hier erreichbar:
Tel.: 03461-462802
E-Mail: dietmar.glatz@hs-merseburg.de

Zu der 3D-Druck-Anlage der Hochschule Merseburg gehören unter anderem:

  • dreidimensionales Drucksystem Objet Connex 350
  • 3D-CAD-Arbeitsplätze zur Konstruktion von Prototypen oder zum Erstellen von Entwürfen für Kunst- oder Designobjekte
  • Arbeitsplätze zur manuellen Nachbearbeitung und zur Oberflächenbehandlung der Modelle

Die Hochschule Merseburg war und ist an verschiedenen Forschungsprojekten zur 3D-Druck-Technologie beteiligt.

Regelmäßig laden die WissenschaftlerInnen zu Tagungen oder Informationsveranstaltungen ein, zuletzt zu einem Thementag, der gemeinsam mit der Handwerkskammer Halle (Saale) initiiert wurde, sowie zum Mitteldeutschen Forum „3D-Druck in der Anwendung“.