Hochschule Anhalt

Effizienter Datentransfer: Wissenschaftler packen neue Algorithmen in das Startup BitBooster

Von Claudia Aldinger | 08. November 2016

BitBooster heißt eine neue Software, mit der große Datenbestände effizienter versendet werden können. Um damit Geld zu verdienen, muss das gleichnamige Startup aus Köthen in Sachsen-Anhalt nationale und internationale Player überzeugen. Zu seinen größten Konkurrenten zählen ehemalige Weggefährten.

 

Das kann BitBooster

Mit BitBooster können Daten von einem Punkt an bis zu zehn Empfänger in Cloud-Umgebungen gleichzeitig versendet werden. Für mehrere hundert Gigabyte Datenvolumen über tausende Kilometer Glasfaserkabel benötigt der neue Algorithmus nur wenige Minuten. Zudem unterstützt BitBooster sehr kostengünstige Netzwerk-Hardware, welche das sogenannte Interrupt Coalescing verwendet. „Das kann derzeit keine andere Lösung auf dem Markt“, sagt Prof. Eduard Siemens, der 2010 an der Hochschule Anhalt das „Future Internet Lab Anhalt“ gegründet hat. Seine technische Ausrüstung erlaubt es ihm derzeit, bis zu 10 Gigabit pro Sekunde auf Reisen zu schicken. In Kürze sollen es bis zu 40 Gigabit sein. Die Integrierbarkeit von BitBooster in bestehende Datentransfersysteme von Providern oder Cloud-Dienstleistern war für die Wissenschaftler ein wichtiger Antrieb.

 

Forschen im Future Internet Lab der Hochschule Anhalt

Dass Forscher-Kollegen inzwischen bis zu 42 Terabit pro Sekunde über Glasfaserkabel versenden können, beeindruckt Siemens nur bedingt: „Mich haben immer konkrete Lösungen für den realen Netzbetrieb interessiert und keine abstrakten Modellierungen.“ Aber wie forschen Datentransport-Experten eigentlich? „Wir haben über mehrere Wochen und Monate Daten versendet und dabei beobachtet, wie sie sich von Netz zu Netz, von Knotenpunkt zu Knotenpunkt verhalten“, erklärt Dr. Dmitry Kachan, erster Doktorand des Future Internet Lab Anhalt. Gemeinsam mit MEng. Irina Fedotova und MEng. Sergii Maksymov hat er den Algorithmus für BitBooster entwickelt – betreut und angeregt von Prof. Eduard Siemens: „Es war immer meine Überzeugung, dass es keinen Algorithmus gibt, der jeden Datentransfer gleich bedient. Daten sind nicht gleich Daten und Internet ist nicht gleich Internet.“

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Der Konkurrent: TixelTec

Bevor Siemens an die Hochschule Anhalt berufen wurde, trieb ihn die Idee des optimalen Datentransfers an die Uni Hannover und in die Labore des Thomson-Konzerns. Zu seinen ersten Entwicklungen gehörten Lösungen für Voice-over-IP sowie die Produktserie TIXstream für einen beschleunigten Datentransfer, mit der er 2009 die Firma Tixel gründete. Sie ist jetzt der größte Konkurrent von BitBooster. Kunden sind Rundfunkanstalten der ARD und Dienstleister der Filmbranche wie Deluxe, womit die Technologie auch einen Fuß in die Hollywood-Studios gesetzt hat. „Im Gegensatz zu Tixel kann BitBooster die volle Link-Kapazität auch im öffentlichen Internet nutzen“, erklärt Siemens, der sein Spin-off 2011 verließ, um an der Hochschule Anhalt weiter an der optimalen Datenübertragung zu forschen.

 

Internationale Konkurrenz und Breitbandausbau

Dass BitBooster sich gegen viele nationale und internationale Konkurrenten durchsetzen muss, ist seinen Gründern bewusst. Ein Beispiel: allein an der Entwicklung des neuen Secure Hash Algorithm 3 (SHA-3) beteiligten sich rund 60 Teams: Konzerne wie IBM und Intel, Universitäten, Technische Hochschulen und Fachhochschulen. Was den Gründern aus Köthen in die Karten spielt, ist der wachsende Ausbau der Breitbandnetze und Datenzentren, an denen Firmen wie Microsoft und Google fieberhaft arbeiten, um ihre Geschäftsmodelle aufrecht zu erhalten. Neue, effiziente Algorithmen zur Datenübertragung könnten hier gefragt sein.

 

Serendipity

Ob BitBooster ein Erfolg wird, hängt nicht allein von seiner Produkt-Qualität ab. Dass es bei Innovationen auch immer um Glück, Zufälle und günstige Gelegenheiten geht, darüber schreibt Miriam Meckel wöchentlich in ihrem Serendipity-Newsletter für die Wirtschaftswoche. Zwar ist BitBooster innovativ und kann mehr als die Lösungen von Tixel. Aber warum sollten sich Anwender gegen etwas Bestehendes entscheiden, das funktioniert, und in etwas Neues investieren, das ihnen zunächst eine Umstellung abverlangt?

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Filmdaten per Speicherkarte transportiert

Aber auch Tixel musste sich zunächst gegen Bestehendes durchsetzen. Zudem gibt es in der Film- und Fernsehindustrie nach wie vor Optimierungsbedarf bei der Übertragung ihrer großen Datensätze. Es gehört zu den Anekdoten der Branche, dass Filmdaten in der Regel per Speicherkarte, aus Sicherheitsgründen zum Teil sogar über einen persönlichen Boten transportiert werden.


„Innerhalb von Deutschland kann man hier noch mit recht günstigen und schnellen Overnight-Transporten operieren. Aus dem Ausland wird es je nach Land/Drehort schon schwieriger bzw. teurer“, sagt Torsten Giewat, ARRI Media GmbH/Niederlassungsleiter Halle (Saale). Bei seinen Kunden liegen teilweise nur normale Consumer-DSL-Anbindungen vor, bei denen der Speed vor allem im Upload-Bereich gering ist. Das hat langsame Übertragungsraten zur Folge und kann auch zu Abbrüchen von Transfers führen, erklärt Giewat.

 

Schnelle Datenübertragung mit BitBooster

„Der Abbruch von Sessions und ein Recovery der Datenübertragung ist ein oft angefragtes Feature, auf das wir reagieren werden“, deutet Prof. Eduard Siemens weitere Entwicklungen in seinem Future Internet Lab Anhalt an. Seit seiner Forschung für den Thomson-Konzern ist er regelmäßig mit Branchen-Dienstleistern im Gespräch. Dass er Lösungen für optimale Datenübertragungen entwickeln kann, hat er bereits mit Tixel gezeigt. Warum nicht auch mit BitBooster?

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Informationen und Kontakt

Hochschule Anhalt
Fachbereich Elektrotechnik
Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen

Prof. Dr.-Ing. Eduard Siemens
Tel.: 03496-672327
E-Mail: e.siemens@emw.hs-anhalt.de

Dr. Dmitry Kachan
Tel.: 03496-672356
E-Mail: d.kachan@emw.hs-anhalt.de

https://www.emw.hs-anhalt.de/www/forschung/an-institute/institut-fuer-medizin-technik-imt-ev/kompetenzbereich-kommunikationstechnik.html

Eine Homepage für BitBooster wird zurzeit erstellt. Informationen über die Köthener Wissenschaftler finden Sie hier: Future Internet Lab der Hochschule Anhalt