Von Claudia Aldinger | 2. Februar 2018
Wenn es um Fragen zum Finishen geht, ist das Industrielabor Innovative Fertigungsverfahren an der Hochschule Magdeburg-Stendal seit langem ein gefragter Partner für Unternehmen. Zugleich arbeiten die wissenschaftlichen Mitarbeiter an der Weiterentwicklung der gängigen Verfahren und innovativen Ansätzen.
Dr. Ronny Stolze hat sich in seiner Dissertation mit neuen Methoden beim Dreh-Seiten-Querschleifen auseinandergesetzt. Die Ergebnisse stellt er im Folgenden selbst kurz vor:
von Dr. Ronny Stolze
Schwerpunkt einer spanenden Feinstbearbeitung ist das Herstellen von technischen Oberflächen, die komplexe Funktionalitäten sicherstellen müssen. Dazu gehören u.a. Gleit- oder Wälzkontakte in der Lager-, Führungs-, Spindel-, Getriebe- und Motorentechnik oder metallisch dichtende Oberflächen in der Armaturenindustrie sowie der Einspritz-, Pumpen- und Ventiltechnik im Motorenbau. Diese Systeme stellen hohe Anforderungen an die Oberflächenrauheit sowie an die Form- und Maßgenauigkeit.
Ausgehend von den stetig wachsenden Ansprüchen an eine Funktionsfläche und den daraus resultierenden steigenden Herausforderungen für die Fertigungstechnik befasst sich die wissenschaftliche Arbeit mit der Entwicklung und Erprobung innovativer Strategien für die technologische Auslegung und Regelung von spanenden Feinstbearbeitungsverfahren. Im Mittelpunkt steht das Verfahren "Dreh-Seiten-Querschleifen", ein Finishprozess unter dem Einsatz von rotierenden Schleifscheiben für die Bearbeitung von planen oder sphärischen Formelementen. Durch innovative Verfahrenstechnologien und Prozessregelstrategien werden die hohen Anforderungen an eine Funktionsoberfläche erfüllt und neue Anwendungen erschlossen.
Diese Technologie- und Regelstrategien wurden im Umfeld heutiger technischer Perspektiven und dem aktuellen Stand der Technik auf den Gebieten der Antriebs- und Steuerungstechnik, der Schleifwerkzeugtechnik sowie der Prozess- und Fertigungsmesstechnik entwickelt.
Dargestellte und beschriebene Ansätze und Methoden für die technologische Auslegung und Regelung von Planfinishprozessen durch Dreh-Seiten-Querschleifen werden auf der Grundlage von Zusammenhängen zwischen den technologischen Stellgrößen, den Prozessgrößen und den Arbeitsergebnissen erarbeitet.
Erweiterung der Grundlagenkenntnisse zu den technologischen Zusammenhängen zwischen den Stellgrößen (Eingangsgrößen), den Prozessgrößen und den Arbeitsergebnissen (Ausgangsgrößen) speziell für das Planfinishen durch Dreh-Seiten-Querschleifen
Einführung von „Technologiekennlinien“, einer Methode für die effektive technologische Auslegung von Finishprozessen: Die Technologiekennlinie ist ein spezieller Prozesszyklus, welcher es ermöglicht, das Schneidverhalten, den technologischen Bereich der Selbstschärfung sowie Verschleiß- und Zerspanungsmechanismen für ein eingesetztes Schleif- oder Honwerkzeug über einen gezielten Versuch abzuleiten, vorherzusagen und auf der Grundlage dieser erhobenen Daten eine gezielte anforderungsgerechte Prozessauslegung vorzunehmen.
Innovative Regelstrategien für das Planfinishen: Die Kraftregelung definiert den Stand der Technik für Finishverfahren wie zum Beispiel das Planfinishen. Mit der Einführung der Technologiekennlinie konnten bestehende Regelstrategien wesentlich weiterentwickelt und neuartige Regelstrategien für das Planfinishen eingeführt werden:
Der industrielle Einsatz der Finishverfahren gründet auf einer empirischen Auslegung der Prozesstechnologie. Einerseits werden neue Prozesse aus Erfahrung heraus oder andererseits über die Ausführung umfangreicher Vorversuche technologisch ausgelegt. Die Entwicklung und Einführung der Methode der Technologiekennlinie reduziert diesen empirischen Anteil bei der Prozessauslegung auf ein Minimum. Die Fähigkeit eines Finishprozesses, eine geforderte Werkstückqualität zu erzeugen, kann vorhergesagt werden. Die Vorhersage basiert auf der Tatsache, dass u.a. das Schneidverhalten des Schleifwerkzeuges über die Technologiekennlinie ermittelt werden kann. Durch den Einsatz der Technologiekennlinie in Kombination mit der Umsetzung der innovativen Regelstrategien wird die Prozessfähigkeit wesentlich gesteigert.
Finishverfahren, wie das Planfinishen verlieren damit den Status eines Sonderverfahrens, welche bisher nur auf Sondermaschinen eingesetzt werden konnten. Die Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass die Finishtechnologie allgemein zugänglich, transparent, beherrschbar und auf Standardmaschinen einsetzbar ist. Die Entwicklungen sind auf andere Finishtechnologien übertragbar. Weiterhin ergeben sich Einsatzgebiete abseits der Massen- und Serienfertigung. Die Finishtechnologien können ab einer Stückzahl von eins prozesssicher und wirtschaftlich eingesetzt werden. Durch die Integration der Finishtechnologie entstehen neue Prozesse und die Technologiekennlinie ist ein Produkt, welches hard- und softwaretechnisch
Industrielabor Innovative Fertigungsverfahren
Dr. Ronny Stolze
Tel: 0391-886 4405, E-Mail: ronny.stolze@hs-magdeburg.de
Text und Bilder (soweit nicht anders benannt): Claudia Aldinger
Die angewandte Forschung an der Hochschule Magdeburg-Stendal wird durch das KAT-Netzwerk seit 2006 im Rahmen des Kompetenzzentrums Ingenieurwissenschaften|Nachwachsende Rohstoffe, des Industrielabors Innovative Fertigungsverfahren sowie des Industrielabors Funktionsoptimierter Leichtbau gefördert.