Research Funding Management

Christian Reinboth: "Versuchen Nachteil der Hochschulen für angewandte Wissenschaften auszugleichen"

Von Claudia Aldinger | 28. April 2020

Research Funding Manager unterstützen Wissenschaftler, die forschen wollen. Wie steht es aktuell um das Berufsbild? Was wird in der Community diskutiert? Interview mit Christian Reinboth von der Hochschule Harz.

Herr Reinboth, seit wann gibt es das Berufsbild des Research Funding Managers an der Hochschule Harz?

Die Funktion des Research Funding Managers wurde 2013 von Prof. Georg Westermann an der Hochschule Harz eingeführt. Mit dieser Einführung war insbesondere das Ziel verbunden, den an Fachhochschulen fehlenden Mittelbau zu ersetzen. Während Professorinnen und Professoren an Universitäten bei der Einwerbung von Fördermitteln sowie bei der administrativen Bewirtschaftung von geförderten Projekten auf die Unterstützung von Lehrstuhlmitarbeitern und insbesondere von Doktoranden zurückgreifen können, müssen ihre Kolleginnen und Kollegen an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften nicht nur ein deutlich höheres Lehrvolumen stemmen, sondern stehen auch bei der Erarbeitung von Förderanträgen weitestgehend alleine dar.

Unsere Research Funding Manager versuchen diesen Nachteil auszugleichen, indem sie etwa passende Förderprogramme recherchieren, interessierte Antragspartner suchen, Zeit-, Arbeits- und Finanzpläne erstellen sowie Antragstexte Korrektur lesen und gelegentlich auch selbst an diesen mitschreiben. Als förderlich für die Professionalisierung der Antragstellung hat sich darüber hinaus die Aufbereitung von Grafiken und Dokumentenlayouts durch studierte Mediendesignerinnen erwiesen.

Gibt es evtl. weitere Begriffe, die das Gleiche meinen?

Gegenwärtig existieren zahlreiche Berufsbezeichnungen für Menschen, die sich in der einen oder anderen Weise mit Aspekten der Förderung, der Finanzierung oder der organisatorischen sowie der administrativen Begleitung von Forschung auseinandersetzen. An den meisten Hochschulen spricht man in diesem Zusammenhang aber von Forschungsreferentinnen und -referenten oder von Forschungsmanagerinnen und -managern. Welche Aufgaben diese Kolleginnen und Kollegen konkret übernehmen und welche Freiheiten sie haben, variiert von Hochschule zu Hochschule allerdings teils erheblich.

Während sie in manchen Hochschulen primär administrative Aufgaben insbesondere im Bereich der Mittelbewirtschaftung abdecken, sind sie an anderen Hochschulen deutlich stärker in die Mittelbeantragung und in die Umsetzung von Forschungsprojekten eingebunden. An der Hochschule Harz gibt es neben den Research Funding Managern, die die Forschenden bei der Einwerbung von Fördermitteln unterstützen, noch einen Transfermanager, der sich um die Pflege der Kontakte zu Firmen und Verwaltungen kümmert, sowie eine Forschungsreferentin, die etwa bei Mittelabrufen unterstützt und die Gremienarbeit insbesondere der Forschungskommission begleitet.

„Die spannendsten Diskussionen in der Community betreffen aus meiner Sicht derzeit zwei Aspekte: Das Berufsbild und berufliche Selbstverständnis von Forschungsreferentinnen und -referenten sowie die Frage, wie sich gutes Forschungsmanagement eigentlich messen lässt.“ Christian Reinboth, Research Funding Manager an der Hochschule Harz

Welche aktuelle Forschung gibt es zum Thema? Was sind wichtige Aspekte?

Die spannendsten Diskussionen in der Community betreffen aus meiner Sicht derzeit zwei Aspekte: Das Berufsbild und berufliche Selbstverständnis von Forschungsreferentinnen und -referenten sowie die Frage, wie sich gutes Forschungsmanagement eigentlich messen lässt. Bei Ersterem geht es etwa um Fragen nach der Stellung und den Befugnissen von Forschungsreferenten im Hochschulsystem: Welcher Organisationseinheit sollten sie angehören? Wer ist ihnen weisungsbefugt? Was dürfen sie eigenständig entscheiden? Bei Zweiterem geht es darum, dass man den Arbeitserfolg dieser neuen Berufsgruppe natürlich auch irgendwie quantifizieren können möchte – aber wie? Zählt am Ende nur die Höhe der eingeworbenen Geldmittel? Oder vielleicht die Menge der gestellten Anträge – egal ob erfolgreich oder nicht erfolgreich?

Oder sollte man noch gänzlich andere Outputs der eingeworbenen Projekte bei der Evaluation berücksichtigen – beispielsweise die Anzahl an Publikationen oder neuen Forschungskooperationen? In beiden Feldern laufen derzeit enorm spannende Diskussionen ab, die das Potential dazu haben, die Art und Weise, wie Forschungsmanagement im neuen Jahrzehnt an deutschen Hochschulen betrieben wird, wesentlich zu beeinflussen.

Über welche Kanäle tauscht sich die Community aktuell aus?

Auf internationaler Ebene sind hier sicher die European Association of Research Managers and Administrators (EARMA) sowie das International Network of Research Management Societies (INORMS) zu nennen. Auf nationaler Ebene wurde 2018 der Verein Netzwerk Forschungs- und Transfermanagement (FORTRAMA) gegründet, der schon seit den 1990ern als informelles Netzwerk von Forschungsreferentinnen und -referenten existiert, und in dem ich mich selbst auch als Mitglied engagiere. Mit der FORTRAMA-Jahrestagung gibt es seit 2003 eine jährliche Großveranstaltung an der Uni Potsdam, auf der sich Mitglieder der Community aus dem ganzen Bundesgebiet austauschen.

Die Tagungen sind inhaltlich äußerst breit angelegt, so dass eigentlich immer Themen dabei sind, die die eigene Praxisarbeit tangieren – vom Schreiben erfolgreicher Förderanträge oder der Vermeidung von Fehlern bei Beschaffungsvorgängen bis hin zu guter Öffentlichkeitsarbeit oder der Vorbereitung auf Projektprüfungen durch den Mittelgeber.

"Was wir in jedem Fall schon jetzt merken ist, dass sich die finanziellen und personellen Handlungsspielräume bei manchen Partnern verkleinern, die durch die Coronakrise hart getroffen werden – ich denke da etwa an die Kommunen, deren Steuerprognosen sich erheblich verschlechtern und die daher erst mal weniger Geld für freiwillige Aufgaben und damit für die Teilnahme an Förderprogrammen haben werden."
Christian Reinboth, Research Funding Manager an der Hochschule Harz

Wie hat sich Ihre Arbeit seit der Coronavirus-Pandemie verändert?

Ein nicht geringer Teil meiner Arbeit besteht im Austausch mit den Forscherinnen und Forschern an unserer und an anderen Hochschulen sowie natürlich auch mit Projektpartnerinnen und Projektpartnern insbesondere aus der Wirtschaft, aber auch aus Verwaltung und Vereinen. Dass derzeit keine persönlichen Treffen und keine Dienstreisen möglich sind, ist schon ein Einschnitt, wobei ich den Eindruck habe, dass wir vieles gut über Telefon- und Videokonferenzen kompensieren können – trotzdem fehlt der persönliche Austausch an der einen oder anderen Stelle. Auf der anderen Seite sorgt der Wegfall von Reisezeiten aber auch dafür, dass mehr Zeit für die Bearbeitung anderer wichtiger Aufgaben verfügbar ist. Ich bin schon gespannt, welches Verhältnis zwischen persönlichem und virtuellem Austausch sich nach dem Ende der Coronakrise einstellen wird.

Was wir in jedem Fall schon jetzt merken ist, dass sich die finanziellen und personellen Handlungsspielräume bei manchen Partnern verkleinern, die durch die Coronakrise hart getroffen werden – ich denke da etwa an die Kommunen, deren Steuerprognosen sich erheblich verschlechtern und die daher erst mal weniger Geld für freiwillige Aufgaben und damit für die Teilnahme an Förderprogrammen haben werden. Gleichzeitig rücken durch die Pandemie Themen in den Vordergrund, die bisher manchmal etwas zu kurz kamen – etwa die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege oder der Aufbau digitaler Lehrkapazitäten in Schulen und Hochschulen. Hier ist perspektivisch sicher mit neuen Förderprogrammen und damit auch mit neuen Möglichkeiten für spannende Forschungsprojekte zu rechnen – und darauf stellen wir uns derzeit so gut wie möglich ein.

Grundsätzlich gilt nach wie vor der Coronakrise: Die Türen der Hochschule stehen für alle potentiellen Forschungs- und Projektpartner jederzeit weit offen.

Herr Reinboth, vielen Dank!

spc

Informationen und Kontakt

Christian Reinboth, Research Funding Manager, Stabsstelle Forschung im Rektorat der Hochschule Harz, 03943-659896, creinboth@hs-harz.de

Homepage des Bereichs Forschung an der Hochschule Harz

 

Text und Bilder (soweit nicht anders benannt): Claudia Aldinger

Die Unterstützung der Forschung an der Hochschule Harz wird zum Teil auch über das Application Lab organisiert, gefördert durch das KAT-Netzwerk.