Von Claudia Aldinger | 18. Dezember 2018
Nutzerinnen und Nutzer ätherischer Öle wissen es längst: Verarbeitet man Kamillenblüten zu ätherischem Öl, so färbt sich dieses blau. Das Phänomen kennt der Mensch schon seit dem Altertum, wo die "Echte Kamille" bereits als Heilpflanze wegen ihrer antimykotischen, antibakteriellen, beruhigenden und antiseptischen Wirkungen genutzt wurde. Und dennoch findet man in den Laboren der biochemischen Forschung der Hochschule Anhalt auf dem ein oder anderen Tisch immer mal wieder Kamillenblüten und daneben eine blaue Essenz. Nachfragen an Marit Gillmeister, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Rahmen der Förderung von Technologietransferaktivitäten des KAT an der Hochschule Anhalt.
zeigt sich die Kamille in Weiß und Gelb.
färbt sich das ätherische Öl der Kamille violett bis blau. Während der Wasserdampfdestillation entsteht aus Matricin (farbloser Wirkstoff der Kamillenblüte) über Chamazulencarbonsäure Chamazulen. Diese beiden Stoffe besitzen die blauviolette Farbe, erklärt Marit Gillmeister von der Hochschule Anhalt. Bild links: knipseline/pixelio.de.
"Rein optisch eignen sich solche Proben natürlich besonders gut für studentische Praktika", erklärt Marit Gillmeister, die speziell an antimikrobiellen, antioxidativen und antientzündlichen Wirkstoffen für Pharmaindustrie, Kosmetik und biologischen Pflanzenschutz arbeitet. Neben der studentischen Ausbildung sind die Labore auf dem Campus in Bernburg stetig ein Ort der Forschung.
Marit Gillmeister legt mit ihrer Promotion aktuell Erkenntnisse zum antifungalen Potential von Wurzelextrakten einer bestimmten Rhabarbersorte vor. In früheren Forschungsarbeiten untersuchte sie unter anderem gefriergetrocknete Basilikumblätter, genauer deren flüchtige Komponenten mittels Gaschromatographie und vorgeschalteter dynamische Festphasenextraktion. "So konnte die Aussage getroffen werden, ob sich die Mykorrhizierung neben dem wachstumsfördernden Effekt auch auf das Inhaltsstoffspektrum und die Menge an ätherischem Öl auswirkt", erklärt Marit Gillmeister, die mit ähnlichen Fragestellungen auch schon verkapseltes Orangenöl mittels Wasserdampfdestillation und anderen Methoden unter die Lupe genommen hat.
Wie kann man sich Pflanzen oder Pilze zunutze machen? Kann man bekannte Verfahren effizienter gestalten? Wie lässt sich die Wirkung verbessern? Solche Fragen der angewandten Forschung bilden den Kern für die Arbeitsgruppe Institute of Bioanalytical Sciences (IBAS) um Prof. Ingo Schellenberg an der Hochschule Anhalt, eine der drittmittelstärksten und forschungsaktivsten Sachsen-Anhalts. Eines der bekanntesten Patente aus diesem Forschungsbereich befasst sich mit dem Rhabarberleder.
Insofern könnten auch weitere Forschungsarbeiten zur Kamille für Firmen interessant sein, die das ätherische Öl anbieten, zumal der Gehalt an ätherischem Öl in den Blüten geringer und die Gewinnung mittels Wasserdampfdestillation aufwändiger ist als bei anderen Proben, wie Marit Gillmeister erklärt. Deshalb setzt sie für die Studierenden, die sie im Praktikum betreut, eher auf Kümmelkörner und Pfefferminztee, Thymian und möglicherweise auch noch Majoran.
Arbeitsgruppe Institute of Bioanalytical Sciences (IBAS)
Prof. Dr. Ingo Schellenberg
Tel.: 03471-3551188, E-Mail: ingo.schellenberg@hs-anhalt.de
Marit GillmeisterTel.: 03471-3551119, E-Mail: marit.gillmeister@hs-anhalt.de
Bildnachweis: Bild links: knipseline/pixelio.de, Bild rechts: Tim Reckmann/pixelio.de
Text und Bilder (soweit nicht anders benannt): Claudia Aldinger
Die Forschung der "Life Science" sowie das gleichnamige Kompetenzzentrum mit verschiedenen Arbeitsgruppen an der Hochschule Anhalt werden seit 2006 im Rahmen des KAT-Netzwerks gefördert.